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Schlafstörungen

Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen und sind der dritthäufigste Grund dafür, einen Hausarzt zu aufzusuchen. Sie treten als eigenständiges Krankheitsbild (primäre Insomnie) oder als Begleiter und "Verstärker" einer anderen Grunderkrankung (sekundäre Insomnie) auf. An Grunderkrankungen bei sekundärer Insomnie sind z.B. die pAVK, Polyneuropathie, Schlafapnoe, das Restless-Legs-Syndrom, die Depression, PTBS, Demenz, Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit zu nennen. Dabei können Stressbelastungen, Schmerzen und Depressionen Schlafstörungen verursachen. Andererseits verstärken sich Stresserleben, Schmerzen und Depressionen, wenn der Mensch nicht ausreichend Erholung und Schlaf findet. Ein Teufelskreis. Da Schlaflosigkeit zahlreiche Grunderkrankungen verstärkt, ist ein gezieltes Verbessern der Schlafsituation auch zur Abmilderung der Grunderkrankung angeraten. Ebenso gilt, dass eine frühzeitige Behandlung von Schlafstörungen eine Präventivmaßnahme darstellt, die den Ausbruch von Folgeerkrankungen verhindern kann.

Im natürlichen, erholsamen Schlaf werden vier bis sechs Schlafzyklen mit einer typischen Abfolge von unterschiedlichen Schlafstadien (N1: leichter Schlaf, N2: mittlerer Schlaf, N3: Tiefschlaf, REM-Schlaf: Traumphasen) durchlaufen. Der größte Tiefschlafanteil findet sich in den ersten beiden Schlafzyklen. Somit ist der Schlaf in den ersten drei Stunden der Nacht am tiefsten. Demgegenüber nimmt die Dauer der REM-Schlafstadien in der zweiten Nachthälfte zu. An Träume erinnern wir uns vor allem  dann, wenn wir aus einer REM-Schlafphase aufwachen. Gegen Ende einer REM-Schlafphase ist die Aufwachtendenz deutlich erhöht. In den REM-Phasen wird aber nicht nur geträumt, sondern es werden tagsüber neu erlangte Informationen im Gedächtnisspeicher abgelegt und mit anderen, passenden Informationen verknüpft. Die Tiefschlafphasen dienen dagegen der körperlichen Regeneration. Während sich der Stoffwechsel in den Tiefschlafphasen verlangsamt, können sich alle Zellen, die Organe und Muskulatur des Körpers erholen. Bei einer komplett durchwachten Nacht (z.B. bei Schichtarbeit) wird in der darauffolgenden Nacht zunächst vor allem der Tiefschlaf nachgeholt. Erst später, in den folgenden Nächten, gleicht sich der verlorene REM-Schlaf aus.

Schlaffreundliche Selbstfürsorge:

  • Chronobiologisch angepasste Selbstentspannung: Das Erlernen einer guten Entspannungstechnik gehört zu den Basics in der Behandlung von Schlafstörungen. Sobald ein Patient hier seine ersten Erfolgserlebnisse verbucht, hat er einen wichtigen Schritt in Richtung Gesundung erzielt. Sich mittels einer selbst erlernten mentalen Technik in einen Entspannungszustand setzen zu können, entfaltet eine ganze Reihe von Heilungskräften: Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Selbstkontrolle, den Abbau der nervlichen Anspannung oder Übererregung und schließlich der Erholungseffekt. Eine Entspannungspause (20 Minuten "Powerschlaf") in der Mittagspause kann ein Stück weit mangelnden Nachtschlaf ausgleichen und Tagesmüdigkeit reduzieren. In Japan ist diese Art von Pausenkultur ("Inemuri") sehr verbreitet, um "Karoshi" (sich zu Tode arbeiten) zu vermeiden. In südlichen Ländern kennen wir sie als „Siesta“. Zum Start in den Abend kann der Arbeitszeit gerne eine Reinigungsmeditation oder Entspannungstrance folgen, um den Abend unbeschwert von Problemen genießen zu können. Insgesamt führt das Erlernen von Selbstentspannung zu einer Verbesserung der Stressresistenz und einer Stärkung des Immunsystems.
  • Licht als Zeitgeber: Sonnenlicht ist der elementare äußere Zeitgeber, der die innere Chronobiologie stabil hält. Denn Lichtrezeptoren in der Netzhaut reagieren auf die Intensität und das Farbspektrum des einfallenden Lichtes und haben eine direkte Verbindung zum suprachiasmatischen Kerngebiet (SCN), das die Arbeitsrhythmen aller menschlichen Zellen dirigiert. Darüber hinaus steuern sie die Ausschüttung des (Schlaf-)Hormons Melatonin. Stärkster Reiz für die Ausschüttung von Melatonin ist die einsetzende Dunkelheit. Besonders empfindlich sprechen die Lichtrezeptoren auf blaues Licht mit einer Wellenlänge von 460 bis 480 Nanometern an. Dieses finden wir in hohem Maße in der LED-Hintergrundbeleuchtung von Laptops und Flachbildschirmen. Wird dieses Licht abends „konsumiert“, kommt es zu einer mehrere Stunden anhaltenden Hemmung der Melatoninausschüttung. Der inneren Uhr des Körpers und damit allen Körperzellen vermittelt blaues Licht, es sei Mittagszeit.
  • Körperliche Aktivität im Alltag: Bewegung ist der elementare innere Zeitgeber. Mangelnde körperliche Aktivität führt zu Ein- und Durchschlafstörungen sowie einer Verschlechterung der Schlafqualität. Körperliche Aktivität am Tage gilt als der wichtigste Verhaltensfaktor für die Qualität des Schlafes. King et al. (1997) haben ermitteln können, dass dank 140 Minuten leichter körperlicher Aktivität (z.B. Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking, Tanzen) pro Woche über 5 Stunden erholsamer Schlaf mit Tiefschlafphasen gewonnen werden. Sportmedizinische Empfehlungen laufen darauf hinaus, am besten täglich eine leichte körperliche Aktivität von 30 Minuten einzurichten, sofern sie nicht bereits beruflich bedingt ist. Wird ein Idealzustand angestrebt, sollte an drei Tagen pro Woche eine aerobe Ausdauerbelastung (Puls = 180 minus Lebensalter) von 30 bis 45 Minuten herbeigeführt werden. Aerobe Dauerbelastung (ohne Kurzatmigkeit) bedeutet, dass während der Trainingseinheit ausreichend Sauerstoff zur oxidativen Verbrennung der Energieträger (Kohlehydrate, Fette) zur Verfügung steht. Zwei bis drei Einheiten Krafttraining pro Woche runden das Programm ab.  
  • Umgang mit Alkohol, Nikotin und Koffein: Der Genuss von Kaffee verringert den Tiefschlaf. Menschen mit Schlafstörungen wird empfohlen, nach 16 Uhr keine koffeinhaltigen Getränke (auch keinen grünen oder schwarzen Tee) mehr zu sich zu nehmen. Rauchen vor dem Schlafengehen beeinträchtigt REM- und Tiefschlaf. Die Wachperioden nehmen zu. Regelmäßiges Rauchen führt ganz allgemein zu einer Beeinträchtigung der REM-Schlafphasen und zu einer Verkürzung der Gesamtschlafzeit. Bei schwerer Nikotinsucht kann es entzugsbedingt zu nächtlichem Aufwachen kommen. Alkohol vor dem Zubettgehen verkürzt die Einschlafzeit und reduziert den REM-Schlaf. Durch den schnellen Abbau von Alkohol verkehrt sich im Laufe der Nacht die anfängliche Wirkung jedoch ins Gegenteil: In der zweiten Nachthälfte wird der Schlaf oberflächlich und durch mehrere Wachperioden unterbrochen. Gefördert wird das Auftreten albtraumhafter Trauminhalte.
  • Die Zeit vor dem Zubettgehen: Menschen mit störanfälligem Schlaf sollten in den letzten zwei Stunden vor dem Zubettgehen nicht mehr am Bildschirm sitzen, arbeiten oder Probleme wälzen. Schlafstörungen sind sehr häufig mit Bildschirmkonsum direkt vor dem Zubettgehen verknüpft. Aber auch die Wahl des Abendessens hat große Bedeutung. Kohlehydrate befeuern die Energie- bzw. Wärmeerzeugung im Körper. Sie beschleunigen die Herzfrequenz und erhöhen die Körperkerntemperatur bis zu acht Stunden lang nach der letzten Mahlzeit. Ihr Maximum erreicht die Körperkerntemperatur um 16 Uhr. Gegen 23 Uhr fällt sie deutlich ab und erreicht um 4 Uhr nachts ihren niedrigsten Wert. Die Tagesschwankung zwischen 16 Uhr und 4 Uhr beträgt rund 1,2° Celsius.
  • Ein guter Platz zum Schlafen: Bett und Schlafzimmer sollen nur dem nächtlichen Schlafen (wobei auch das Miteinanderschlafen inbegriffen ist) dienen, nicht dem Fernsehen, Essen, Nachdenken, Grübeln, Arbeiten, morgendlichen Nachschlafen. Wichtig ist die Vermeidung längerer Wachzeiten im Bett. Bootzin et al. (1991) empfehlen, das Bett nach 10 – 20 Minuten Wachliegezeit wieder zu verlassen und einer angenehmen Tätigkeit nachzugehen, z.B. im Wohnzimmer zu lesen oder Musik zu hören. Erst bei starker Müdigkeit soll wieder ins Bett zurückgegangen werden. Grundsätzlich soll auch abends erst bei ausgeprägter Müdigkeit ins Bett gegangen werden. Wichtig ist ferner, morgens regelmäßig um die gleiche Zeit aufzustehen, unabhängig von der Dauer des Nachtschlafs. Elektrosensible Patienten mögen zudem eine Licht- und Elektrizität-freie Schlafumgebung herstellen.

Wenn die genannten Hinweise nicht ausreichen, können folgende Behandlungsansätze hilfreich sein: Bowtech®; die Entwicklung individuell passender Entspannungstechniken und Trancen; Hypnotherapie nach Milton Erickson (auch in meiner Praxis).